Frank Behrendt zählt zu den namhaftesten PR- und Kommunikationsexperten in Deutschland. Mit dem Buch „Liebe dein Leben und nicht deinen Job“ gelang dem Senior Advisor der Serviceplan Gruppe ein Bestseller über die PR-Branche hinaus. Wir baten den für seine Entspanntheit bekannten „Impulsgeber“ um einen Blick auf die Medien- und Werbewelt im Angesicht der Corona-Pandemie.
Airmotion Media:
Lieber Frank, Du giltst als der „Guru der Gelassenheit“. Blickst Du trotz andauernder Pandemie immer noch entspannt auf die Medien- und Media-Branche?
Frank Behrendt:
Ja, das tue ich. Wenn man so lange dabei ist, dann schreckt einen so schnell nichts mehr. Wir haben schließlich auch in der Vergangenheit nicht nur tiefenentspannt auf dem Sonnendeck gelegen, sondern auch schon so manchen anderen Sturm überstanden. Natürlich ist die aktuelle Krise eine ganz besondere, aber ich bin zuversichtlich, dass wir die als Menschen und Branche auch diesmal meistern werden.
Woher kommt dieser Optimismus?
Optimistisch stimmt mich, dass es durch den Impfstoff greifbares Licht am Ende des Tunnels gibt. Zudem gibt es eine große Sehnsucht nach der Rückkehr zu einer mehr oder weniger bekannten Normalität. Wenn die Lage soweit unter Kontrolle ist, dass immer mehr Lockerungen möglich sind, wird ein Ruck durchs Land gehen und alle werden mit großer Lust anpacken, dass es wieder aufwärts geht in allen Bereichen.
Wie ist Deine Prognose für 2021? Wann geht es wieder aufwärts?
Ich bin Guru, kein Hellseher (lacht). Aber im Ernst: Mit Prognosen sollten alle vorsichtig sein, das ist ein Learning aus der Krise. Meine 86-jährige Mutter, die ich für eine sehr weise Frau halte, hat mir gerade am Telefon gesagt: „Wenn die Sonne wieder jeden Tag scheint, dann geht’s uns allen wieder besser.“ Daher: Freuen wir uns auf den Sommer als einen Schub für positive Energie und einen klareren Blick voraus. Es wird wieder aufwärts gehen, ganz bestimmt.
Danke für diese sehr positiv stimmenden Grundgedanken. Zurück zum Medien-Business: Wie wirkt sich der allgemeine Digitalisierungsschub auf den Mediamix aus?
Zahlen lügen nicht. Man sieht, wie sich Mediennutzung verändert. Streaming etwa wächst zum Beispiel überproportional zum klassischen TV. Aber der Mediamix muss sich deshalb nicht zwangsläufig verändern. Schließlich geben ja die Sender in diesen Feldern massiv Gas, es gibt daher eher Verlagerungen auch innerhalb der einzelnen Segmente.
Es wird aus meiner Sicht auch Zeit, dass man die Bezeichnung der einzelnen Gattungen renoviert und die Messkriterien anpasst. Alle relevanten Verlage machen zum Beispiel seit langem nicht nur „Print“, sondern haben längst jede Menge digitale Angebote. Auch „Einschaltquoten“ klingt im TV-Segment eher wie früher. Meine Kinder schalten schon lange keinen Fernseher mehr ein, die können mit dem Begriff gar nichts anfangen. „Abrufe“, „Follower“ oder „Interaktionen“ – damit können sie etwas anfangen!
Welche Werbeformen werden nachhaltig von diesen Änderungen profitieren?
Platt gesagt: Alle, die den Menschen nicht auf den Keks gehen. Werbung muss Spaß machen oder Service bzw. Informationen mit einem greifbaren Mehrwert liefern. Alles andere ist nicht relevant. Daher werden Werbeformen profitieren, die das berücksichtigen, die den Menschen helfen, sie unterstützen, sie informativ bereichern oder gut unterhalten. Die nervige „Halli-hallo-hier-bin-ich“-Werbung, die einfach nur laut ist will eigentlich keiner mehr.
Gehen wir mal ins mediale Detail: Wie wird Print nach der Krise dastehen?
Print wird schon so lange totprognostiziert, die können gar nicht mehr sterben (lacht). Natürlich wird es keine Renaissance der gedruckten Tageszeitung geben. Aber die Lust, etwas Wertiges in der Hand zu halten, mal das digitale Device wegzulegen und genussvoll ein Stück zu lesen, wird eher zunehmen. Welcher erleuchtete Trendforscher hätte im digitalen Dschungel vorausgesagt, dass die gute alte Wochenzeitung DIE ZEIT im Jahr 2020 die höchste Auflage seit ihrer Gründung – im Abonnement- und Einzelverkauf – erzielt? Auch gedruckte Bücher sind ja nicht vom Markt verschwunden, nur weil es einen Kindle gibt. Ich habe auch einen, der verstaubt inzwischen im Regal. Echte Bücher machen mir nach wie vor – oder wieder – viel mehr Freude. Und da bin ich nicht alleine.
Was passiert im Fernsehen?
Auch hier wurde oft genug von irgendwelchen Experten das Totenglöckchen geläutet, ich höre da gar nicht mehr hin. Klar gibt es Netflix, Amazon Prime, Sky & Co. aber es gibt eben auch noch echtes Fernsehen. Auch Corona-bedingt gab es da eine gesteigerte Sehdauer, vor allem getrieben durch das große Informationsbedürfnis im Zuge der Pandemie, ganz besonders in der ersten Welle. Auch die etablierten Sender gehen vielfach neue Wege, auch sie werden „netflixiger“. Die neuen Player machen Druck, da kommt so mancher Senderchef auf Rotation, was gut ist. Selbst beim guten alten Traumschiff checken jetzt Influencer ein – ob das inhaltlich bereichernd ist, ist eine andere Frage…
Der nächste Begriff in unserer Buzzword-Liste: Display-Werbung?
Wenn die Menschen bald wieder verstärkt draußen unterwegs sind, wird auch Out-of-Home wieder einen entsprechenden Status einnehmen. Auch hier hat die Branche massiv in Technik investiert, kann viel schneller auf Situationen reagieren und den Werbetreibenden ein ganz anderes Angebot machen als statische Plakate, die eine Dekade irgendwo herumhängen. Digitalisierung bietet auch hier ganz neue Möglichkeiten. Wenn Außenwerber – wie ich kürzlich in Köln erlebte – mit ihren Motiven je nach Wetterlage passgenaue Werbung ausspielen, hat das schon einen tollen Effekt.
Wie schon gesagt, Werbung muss relevant sein und darf nicht nerven. Native Advertising bietet hier ein großes Potenzial, spannende Botschaften smart verpackt zu präsentieren. Das wird weiterhin sehr gut funktionieren, wenn relevante Inhalte transportiert werden.
Und zuletzt: Klassische PR und Content Marketing?
Was ist noch klassische PR? Jede Disziplin in der Kommunikation entwickelt sich weiter, klassisch hört sich immer so an, als ob man da eine Pressemitteilung aufs Fax legt und im Kaminzimmer bei einer Zigarre einem Redakteur höchst vertrauliche Infos steckt. Auch die Marktteilnehmer haben sich massiv weiterentwickelt, die PR-Agenturen haben das, was heute als „Content Marketing“ bezeichnet wird, schon vor vielen Jahren gemacht. Gute Geschichten zu erzählen, damit sie im Trommelfeuer der Botschaften durchdringen, war in unserer Zunft schon immer erfolgreich.
Storytelling, wie es heute im Buche steht.
Ja. Als ich in der Branche anfing Mitte der 80er Jahre, habe ich genau das gemacht, zum Beispiel für Henkel und das Waschmittel Persil. Statt zu erzählen, dass das Produkt noch weißer wäscht, habe ich eine alte Dame aufgespürt, die einst für den Maler Kurt Heiligenstaedt Modell für die berühmte „Weiße Dame“ stand. Eine wunderbare Geschichte, als die Frau aus Ost-Berlin nach Jahrzehnten im Stammsitz bei Henkel in Düsseldorf auftauchte, die Medien waren begeistert.
Content Marketing ist unser Ding:
In welchen Bereichen haben Eure Kunden zurzeit den größten Beratungsbedarf?
Ich sehe da verschiedene Felder. Ein ganz wesentliches ist die interne Kommunikation. Durch die aktuelle Situation entfallen viele Möglichkeiten der direkten Kommunikation in Büros. Das lässt sich nicht einfach alles 1:1 ins Digitale übertragen. Gerade die zwischenmenschlichen Begegnungen „On-the-go“, auf Fluren und Kaffeeküchen, der Talk in der Mittagspause oder das spontane Rumdenken auf einer Idee findet vielfach nicht mehr statt und reißt eine Lücke, auch emotional. Es ist ja nicht so, dass alle Menschen in fröhlichen Familien zu Hause verortet sind, das wird oft vergessen. Für viele ist der soziale Kosmos im Arbeitsumfeld ein essentieller Bestandteil und hilft auch bei Problemen. Hier arbeiten wir mit unseren Kunden an neuen Formaten, um das Miteinander und den Spirit aufrecht zu erhalten.
Wo brauchen Unternehmen sonst noch Unterstützung in diesen Zeiten?
Auch dem Management kommt aktuell eine noch wichtigere Bedeutung zu als im bisher bekannten Szenario. Die Frauen und Männer an der Spitze sind jetzt besonders gefordert, um ihre Teams durch die nicht einfache Zeit zu bringen. Auch sie brauchen intelligente Tools, um das leisten zu können. Auch dabei helfen wir.
Und natürlich gibt es einen großen Bedarf in der Produkt- und Unternehmenskommunikation, die sich in Anbetracht der Lage auch verändern musste. Auch von Unternehmen werden aktuell andere Botschaften erwartet als nur die Kommunikation von Produktfeatures oder Wachstumszahlen. Für die Verantwortlichen in Marketing und Kommunikation bei unseren Kunden ist das eine große Herausforderung, auch da sind wir mit Rat und Tat an Bord.
Als chronischer Optimist fällt Dir bestimmt etwas ein: Welchen Nutzen wird die PR-Branche aus der Krise ziehen?
Eines ist jetzt schon klar: Die Bedeutung von Kommunikation hat in der Krise weiter an Bedeutung gewonnen. Die Kommunikation der politischen Entscheidungsträger*innen wird aktuell tagtäglich geradezu seziert. Die richtigen Worte zu finden, vernünftige und verständliche Botschaften zu senden, Klarheit schaffen, motivieren, die Menschen mitnehmen – alles das geht nur über eine gute Kommunikation. PR heißt ja Public Relations – locker übersetzt „öffentliche Beziehungen“. Je besser die sind, desto besser funktioniert eine Gesellschaft. Und wir werden nur dann erfolgreich aus der Krise herauskommen, wenn alle mitziehen. Das gilt bei der Bekämpfung der Pandemie genauso wie bei der Rückkehr zu einer erfolgreichen Wirtschaft und der Bewältigung der vielen weiteren Themen wie Klimawandel, digitale Transformation, demographischer Wandel oder Integration. Ein Schlüssel dafür, dass Dinge gelingen und in die richtige Richtung gehen, ist die Kommunikation.
Wohl dem also, der sich mit Kommunikation auskennt…
Unsere Branche ist eine, die dafür einen sehr gut gefüllten Werkzeugkasten hat. Und sehr viele hervorragende Macher*innen, die damit umgehen können. Die brauchen sich um die Zukunft ihrer Profession keine Sorgen zu machen und nehmen viele wichtige Erkenntnisse aus der Corona-Krise mit. Die PR-Branche war und bleibt eine Schrittmacher-Branche und sie kann eines sehr gut: Schnell lernen und umsetzen.
Herzlichen Dank für das tolle Gespräch und die Fülle an „Good Vibrations“, mit der wir ins neue Jahr starten dürfen!
Zur Person:
Der gelernte Journalist, ehemalige Musikindustrie-CEO, Ex-Fischer-Appelt-Vorstand und „PR-Kopf des Jahres“-Titelträger wechselte 2017 als Senior Advisor zur Serviceplan Gruppe. Der stets gut gelaunte Kölner ist zudem ein gefragter Redner, Kolumnist und Autor: Mit dem Buch „Liebe dein Leben und nicht deinen Job – 10 Ratschläge für eine entspannte Haltung“ gelang ihm 2016 ein Wirtschafts-Bestseller. Frank Behrendts neuestes Buch „Von Kindern lernen: Wie uns kindliche Perspektiven gelassener, glücklicher und erfolgreicher machen“ erschien im März 2020.
© alle Fotos: Serviceplan Group
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